Wohneigentum

Klimaschutz und Wohneigentumsförderung zusammen denken

Von Oda Scheibelhuber, Ministerialdirektorin a.D., Leiterin ifs Institut Wohneigentum

Die Vorzeichen zur Stärkung von Wohneigentum stehen so schlecht wie lange nicht. Die abrupte Zinswende, gepaart mit drastisch steigenden Baukosten bei weiterhin sehr hohen Preisen für Bestandsimmobilien erschwert es breiten Einkommensschichten, den Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklichen. Dazu wächst der Sanierungsdruck auf ältere Bestandgebäude. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müsste sich die Sanierungsrate mindestens verdoppeln. Bis 2030 müsste die Hälfte aller Wohngebäude umfassend energetisch modernisiert werden, um den CO2-Ausstoß – wie im Klimaschutzgesetz festgelegt – annähernd zu halbieren. Was sollte eine Wohneigentumsförderung unter diesen Bedingungen leisten? Und wie lässt sich der kleinteilige Bestand der Privateigentümer:innen klimagerecht umgestalten, ohne diese zu überfordern? Zwei miteinander verbundene gewaltige Aufgaben, mit denen sich das diesjährige ifs Wohnungspolitische Forum befasste.

Neues Darlehensprogramm für Schwellenhaushalte

Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, hat die Bundesregierung ein neues Darlehnsprogramm für Schwellenhaushalte gestartet. Familien mit einem Jahresbruttoeinkommen von bis zu 60.000 Euro (plus 10.000 Euro pro weiterem Kind) sollen ab Frühjahr 2023 mit einem zinsverbilligten KfW-Darlehen bei der Eigentumsfinanzierung unterstützt werden. Im Vergleich zum ausgelaufenen Baukindergeld, das Familien bis zu einem Jahresbruttoeinkommen von 90.000 Euro (plus 15.000 pro weiterem Kind) über zehn Jahre mit jährlich 1.200 Euro pro Kind beim Eigenkapital unterstützte, sind für das neue Wohneigentumsprogramm allerdings lediglich Zinsverbilligungen vorgesehen. Die Konditionen dieses Darlehensprogramms sollen laut Planung für die einkommensschwächere Zielgruppe etwas besser sein als für die neu gestaltete generelle Neubauförderung, die für alle Haushalte sowie für Wohneigentum und Mietwohnungsbau vorgesehen ist (Näheres dazu unten). Insgesamt 350 Millionen Euro will der Bund dafür pro Jahr im Darlehensprogramm für die Förderung von Schwellenhaushalten einsetzen, weitere 650 Millionen für die allgemeine Neubauförderung.

Fehlende Eigenkapitalförderung und Beschränkung auf energieeffizienten Neubau

Angesichts der latenten Eigenkapitalschwäche der meisten Ersterwerber:innen wäre es allerdings dringend geboten, die Eigenkapitalbasis zu stärken und damit gerade für Haushalte mit mittleren und geringeren Einkommen das Sparverhalten anzureizen. Dazu wären allerdings die regelmäßige inflationsbezogene Anpassung der Einkommensschwellen und Zuschüsse der Wohnbauprämie und der Arbeitnehmersparzulage notwendig – und nicht nur alle 25 Jahre, wie in der letzten Legislaturperiode endlich erfolgt.

Darüber hinaus kann das neue, mit 350 Millionen Euro ausgestattete Darlehensprogramm als Finanzierungsbaustein ausschließlich für den Bau und Erwerb neuer Wohnimmobilien mit übergesetzlichen Effizienzstandards – also Effizienzhaus 40 – und Nachhaltigkeitszertifikat verwendet werden. Ausgeschlossen ist der der Erwerb von Bestandsgebäuden. Die meisten Schwellenhaushalte können sich aber nur Bestandsimmobilien leisten. Eine Wohnung oder ein Eigenheim mit Effizienzhaus-40-Standard und dem vorgeschriebenen „Qualitätssiegel Nachhaltiges Bauen“ dürfte für diese Gruppe insbesondere in den teuren Stadtregionen meist unerreichbar sein.

Ressortübergreifende Strategie „Jung kauft Alt“ notwendig

Damit offenbart die neue Wohneigentumsförderung deutliche Schwächen. So wird es schwer möglich sein, die Zielgruppe der Schwellenhaushalte in großem Stil bei der Eigentumsbildung zu unterstützen. So schwierig es angesichts der immensen staatlichen Hilfspakete in der Corona- und Energiekrise sein mag, weitere Haushaltsmittel für die Wohneigentumsförderung zu mobilisieren, muss eine wirkliche Wohneigentumspolitik für breite Schichten doch dringend den Bestand einbeziehen. Die Bestandsförderung sollte für einkommensschwächere Schichten nicht nur die energetische Sanierung unterstützen, sondern auch den Erwerb.

Das Bundesbauministerium ist für die Neubauförderung mit einem Gesamtvolumen von einer Milliarde Euro zuständig, das Bundeswirtschaftsministerium für die energetische Sanierungsförderung mit insgesamt zwölf Milliarden Euro. Für Ansätze wie „Jung kauft Alt“ ist eine ressortübergreifende Förderstrategie deshalb unverzichtbar. Diese steht noch aus. Eine bestandsorientierte Eigentumsförderung sollte dringend mit der energetischen Ertüchtigung zusammengebracht werden. Es gilt, die vielen anstehenden demografisch bedingten Eigentumswechsel als Chance zu betrachten: Wie halten wir den Wohnungsbestand in der Breite attraktiv und ermöglichen gerade auch dort den Traum vom Eigenheim für junge Familien? Wie revitalisieren und stärken wir die Nachbarschaften, schonen dabei Flächen und nutzen die verbaute graue Energie?

Senkung der Grunderwerbssteuer böte Erleichterungen

Weitere Spielräume für Erleichterungen böte eine deutliche Senkung der Erwerbsnebenkosten durch Senkung der Grunderwerbsteuer oder der Makler-, Notar- oder Grundbuchkosten. Diese Kosten haben sich parallel zu Immobilienpreisen drastisch erhöht und müssen aus dem knappen Eigenkapital finanziert werden. Nach wie vor suchen Bund und Länder nach einem gemeinsamen Weg, die Grunderwerbsteuer für Ersterwerber zu senken. Für eine schnelle, praktikable Lösung gibt es allerdings bislang kaum Hoffnung, da die öffentlichen Haushalte angesichts der mehrfachen Krisenintervention sehr angespannt sind und die Grunderwerbsteuer für die Länder eine wichtige Einnahmequelle ist. Dennoch setzen wir darauf, dass der Bund nicht nachlässt, mit den Ländern dazu Wege zu finden.

Klimaneutraler Gebäudebestand: Abgestimmt handeln, nicht überfordern

Wie bei der Wohneigentumsförderung liegen auch beim Klimaschutz die größten Hebel in der energetischen Sanierung des Bestandes. Dabei dürfen aber verschiedene politische und gesellschaftliche Ziele nicht gegeneinander ausgespielt werden. Beim Pfad zur Klimaneutralität im Gebäudebestand sind die Ziele und Ambitionen der Bundesregierung zu Recht hoch. Nichts zu tun ist keine Option mehr. Dementsprechend will der Bund das Gebäudeenergiegesetz in drei Schritten novellieren und ab 2024 beim Heizungsaustausch 65 Prozent erneuerbare Energien zur Pflicht machen, eine kommunalen Wärmeleitplanung einführen und die Förderung von energetischen Sanierungen neu ausrichten. Diese Initiativen dürfen aber kein loses Nebeneinander bleiben. Langfristig sind abgestimmte Leitplanken wichtig, die verlässliche Rahmenbedingungen für die Gebäudeeigentümer schaffen. Die Menschen dürfen von den komplexen Vorgaben und den mittlerweile unüberschaubaren, sich ständig ändernden Förderprogrammen nicht überfordert werden. Vielmehr gilt es, Verunsicherung zu nehmen, Lösungen aufzuzeigen und offen zu kommunizieren. Ein verlässlicher ordnungsrechtlicher Orientierungsrahmen kann dabei helfen. Bei seiner Erarbeitung ist allerdings auch die Praxis gefragt, um die Umsetzbarkeit sicherzustellen. Zusätzlich sind niedrigschwellige Beratungsangebote sowie regionale und lokale Flexibilität notwendig. Nur so können in der Breite energetische Bestandssanierungen und die Umstellung auf eine erneuerbare Energieversorgung angestoßen und die Eigentümer:innen mitgenommen werden.  

Innovation bei Eigentumswohnformen gefragt

Wir brauchen sowohl im Neubau als auch im Bestand klimaschutz- und praxistaugliche Lösungen! Dafür sollten wir Eigentumsbildung, Neubauförderung, architektonische Innovation, energetische Ertüchtigung des Bestandes sowie Klimaschutz als ein großes Ganzes sehen. Denn die Eigentumsförderung im Neubau bedeutet nicht automatisch die Förderung des freistehenden Einfamilienhauses. Jede fünfte Wohneigentümer:in wohnt in einer Eigentumswohnung, in Ballungsräumen sogar jede zweite. Und auch die Eigenheime sind immer öfter flächen- und auch energiesparende Reihenhäuser oder Town-Houses. In den nächsten Jahren steht in vielen älteren Eigenheimsiedlungen ein massiver Generationswechsel an. Anstatt eines pauschalen „Eigenheim-Bashings“ empfiehlt es sich deshalb, mehr Kreativität und Innovation bei Architektur und Eigentumswohnformen zu zeigen, sowie Initiativen zur Nachnutzung des Bestands zu ergreifen. Ebenso wichtig sind gerade für einkommensschwächere Haushalte sozialverträgliche Formen der Mieterprivatisierung sowie die Entwicklung von Mietkaufmodellen.

Wie eine Stärkung von klimagerechtem Wohneigentum gelingen kann, diskutierten wir gemeinsam mit Bundestagsabgeordneten und Expert:innen beim ifs Wohnungspolitischen Forum am 7. November 2022 im Bausparhaus Berlin. Die Dokumentation und die Aufzeichnung der Veranstaltung finden Sie hier.

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