Rückkehr zur Vernunft beim Berliner Mietendeckel?

Änderungsvorschläge der Berliner Grünen weisen in die richtige Richtung

Berlin, 4. Dezember 2019. Kommt durch den anstehenden Parteitag der Berliner Grünen am 7. Dezember 2019 Bewegung in den verfahrenen Mietendeckel? „Zumindest ein erster Hoffnungsschimmer für etwas mehr Vernunft in der ideologisch aufgeheizten und radikalisierten Debatte der Unvernunft ist erkennbar“, kommentiert Michael Groschek, Staatsminister a. D. und Präsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) den Änderungsantrag der Grünen zum Mietendeckel. Dieser will die Folgen des Mietendeckels zumindest für faire Vermieter und für die energetische Gebäudesanierung abmildern. Genossenschaften sollen explizit ausgenommen werden. Kosten für energetische Sanierungen, die über die gedeckelte Modernisierungsmieterhöhung von einem Euro hinausgehen, sollen über gezielte Zuschüsse des Berliner Senats gefördert werden. Auch sollen inflationsbedingte Erhöhungsmöglichkeiten bereits ab 2021 greifen. Damit haben wenigstens die Grünen erkannt, dass der Mietendeckel in seiner jetzigen Form auch sozial verantwortliche Vermieter bestraft und den Klimaschutz im Gebäudebestand zum Erliegen bringt.

Diesen ersten Schritten in die richtige Richtung müssten aber noch weitere Anpassungen folgen, meint der DV. Denn in seiner jetzigen Grundkonzeption behandelt der Mietendeckel sowohl Mieter als auch Vermieter ungleich. Er ist sozial ungerecht und führt für den Großteil gerade der einkommensschwächeren Berliner eher zu einer Verschlechterung der Wohnungsmarktsituation. Es ist nach wie vor juristisch riskant, willkürlich den Mietenspiegel von 2013 anzuwenden und die bestehende differenzierte lage- und ausstattungsabhängige Gestaltung der ortsüblichen Vergleichsmiete auszuhebeln. So entwertet der Senat den vor Kurzem selbst erstellten und von allen Mieter- und Vermieterorganisationen erstmals anerkannten Mietenspiegel. Warum darf ein fairer Vermieter, der über Jahre seine Miete im laufenden Vertrag nicht erhöht hat, die Miete für einen neuen Vertrag nicht wenigstens auf die ortsübliche Vergleichsmiete anheben? Damit wird er gegenüber einem Vermieter benachteiligt, der in den laufenden Verträgen alle Mieterhöhungsmöglichkeiten ausgeschöpft oder in den letzten Jahren überhöhte Neuvertragsmieten abgeschlossen hat. Nur die Genossenschaften als faire Vermieter auszunehmen, greift hier zu kurz.

Durch die geplante Ausgestaltung des Mietendeckels wird das Angebot an preiswerten, weil gedeckelte Wohnungen sinken, da die Fluktuation zurückgeht. Wer eine günstige Wohnung hat oder ergattern kann, wird nicht mehr ausziehen oder eher untervermieten. Für die vielen Wohnungssuchenden bleiben dann nur die nicht gedeckelten Neubauwohnungen, wo die Mieten weiter ungebremst steigen können. Kommt dann auch für Neubauwohnungen ein Mietendeckel? Diese Sorge von Investoren ist nicht unbegründet und schadet bereits jetzt dem Neubau. Ohne mehr Wohnungsneubau wird sich aber an der Knappheit nichts ändern und die Situation wird für Einkommensschwache insgesamt noch schlechter. Um die energetische Modernisierung abzufedern, müssten die Zuschüsse des Senats verlässlich sein. Darauf konnten Eigentümer in der Vergangenheit kaum zählen. Außerdem scheuen viele – vor allem private – Vermieter bisher die hohen Anforderungen und Mühen der Beantragung. 

Der DV begrüßt, dass der Vorstoß der Grünen Wege aufzeigt, den Mietendeckel vernünftiger zu gestalten. Dazu müsste aber auch ein konstruktiv-kritischer Dialog mit allen Akteuren des Wohnungsmarktes die Sprachlosigkeit und die gegenseitigen Vorwürfe ablösen, die derzeit zwischen Senat und Wohnungswirtschaft vorherrschen. Denn wir brauchen dringend einen gemeinsamen Prozess für eine wirkungsvolle, sozial gerechte und wirtschaftlich tragfähige Mieten- und Wohnungsbaupolitik in Berlin. Dies gelingt nur im Bündnis zwischen allen Beteiligten.

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Lesen Sie auch das Stichwort <link internal-link internen link im aktuellen>„Berliner Mietendeckel – Wohnungspolitik mit oder gegen den Markt“ von Christian Huttenloher, Generalsekretär des DV, vom 12. September 2019