Berlin, 30. November 2021. „Der vorliegende Koalitionsvertrag führt die Renaissance der Wohnungs- und Baupolitik ambitioniert fort. Das Wohneigentum kommt immerhin unter einer eigenen Überschrift vor. Allerdings ist beim vorgeschlagenen Instrumentenkasten noch Luft nach oben“, sagte Oda Scheibelhuber, Vorsitzende des ifs Instituts Wohneigentum beim ifs Wohnungspolitischen Forum des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) am 29. November 2021 in Berlin. Zum Beginn der neuen Legislaturperiode diskutierten bei der Hybrid-Veranstaltung Expert:innen aus Gesellschaftswissenschaft und Ökonomie sowie die neu bzw. wiedergewählten Bundestagsabgeordneten, wie eine ganzheitliche Wohnungspolitik zur Stärkung von Wohneigentum in Stadt und Land aussehen kann. „Ein eigenes Bauministerium ist ein wichtiges Signal“, lobte der Präsident des DV, Michael Groschek, und ergänzte: „Der neue Minister oder die neue Ministerin hat eine anspruchsvolle Aufgabe. Die explizit genannten 400.000 neuen Wohnungen sowie eine deutlich erhöhte Sanierungsquote mit einem ambitionierten Effizienzhaus 70 Standard sind klare Zielmarken.“
Die Wohneigentumsquote sinkt, besonders drastisch ist der Rückgang bei den 30- bis 39-jährigen. Ursachen sind der ins Betongold treibende Niedrigzins, Zuzug in städtische Wachstumsräume mit wenig Angebot an Wohneigentum und die damit gekoppelten steigenden Immobilienpreise. Vielen fehlt das notwendige Eigenkapital für die eigenen vier Wände, zumal es für Erspartes auch kaum Zinsen gibt. Angesichts dieser Situation empfiehlt der DV, jüngeren Haushalten über die Eigenkapitalschwelle und bei der Tilgung zu helfen, die Hürden durch hohe Erwerbsnebenkosten zu senken und in den urbanen Wachstumsräumen auch über eine Baulandpolitik für unterschiedliche Wohn- und Eigentumsformen ein ausreichendes Angebot zu schaffen.
In Hinblick auf den Bereich Wohneigentum im Koalitionsvertrag lobt der Verband die geplante soziale Eigenheimförderung, wünscht sich aber detaillierte Informationen zur Ausgestaltung der dort genannten eigenkapitalersetzenden Nachrangdarlehen für Schwellenhaushalte. Auch ein Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer wird positiv gesehen, wenngleich noch immer keine realistische Umsetzung mit den Bundesländern auszumachen ist. Zusätzlich brachte der DV weitere Anreize ins Spiel, damit sich die Deutschen wie ihre europäischen Nachbarn künftig von der kleinen Wohnung zum Familieneigenheim „hochkaufen“ können. Nicht zuletzt sollte Wohneigentum eine wichtige Rolle für die Altersvorsorge spielen: „Eine Art von Eigenheimrente muss als frei wählbare Alternative bei allen Reformansätzen für die private Altersvorsorge mitgedacht und angeboten werden“, sagte Scheibelhuber und sprach sich zudem für die breite Einführung von Umkehrhypotheken aus. Diese Impulse wurden in einer Podiumsdiskussion von Fachpolitiker:innen aus SPD, GRÜNE, FDP und CDU/CSU wohlwollend aufgenommen und die Bedeutung staatlichen Wohneigentumsförderung insbesondere für Schwellenhaushalte wurde fraktionsübergreifend hervorgehoben.
Auch darüber hinaus finden sich Anliegen des DV im Koalitionsvertrag wieder. So etwa die Fortsetzung des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“, die Verankerung von Quartiersansätzen und Technologieoffenheit bei der energetischen Gebäudesanierung, die Stärkung und Aufstockung der Städtebauförderung sowie das Bekenntnis zur Neuen Leipzig-Charta, bei deren Erstellung der DV entscheidend mitwirkte. Bei den Themen Wohnen und Bauen erwartet der DV allerdings mit der weiteren Novellierung des Baugesetzbuches, der Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsprozesse sowie der Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit und der Nachschärfung beim Mietrecht noch einige kontroverse Debatten. „Diese werden wir als Fachverband und Dialogplattform gerne weiterhin konstruktiv begleiten, wie dies bereits erfolgreich bei der Baulandkommission für das Bundesinnenministerium und mit dem Runden Tisch Klimaschutz im Gebäudebestand für das Bundesumweltministerium getan haben“, so DV-Präsident Michael Groschek.
Die Aufzeichnung der Veranstaltung mit der Debatte zwischen Kevin Kühnert (SPD), Chris Kühn (GRÜNE), Daniel Föst (FDP) und Mechthild Heil (CDU/SCU) finden Sie hier:
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