Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren
Erste Erkenntnisse aus dem Bundesprogramm für eine erfolgreiche Innenstadtentwicklung
von Christian Huttenloher, Generalsekretär, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.; Marie Preuß, Projektkoordinatorin, Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. und Julia Kemper, empicira ag
Bundesweit stehen Innenstädte und Zentren schon seit Längerem unter Handlungsdruck. Die Auswirkungen des zunehmenden Onlinehandels, die Folgen der Coronapandemie, die steigenden Energiepreise und die drängende Anpassung an den Klimawandel sowie Schließungen inhabergeführter Geschäfte und großer Warenhäuser stellen die Zentren vor Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) 2021 das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ (ZIZ) ins Leben gerufen. Mit dem Bundesprogramm sollen Städte und Gemeinden bei der Bewältigung akuter und struktureller Problemlangen in den Innenstädten unterstützt werden, indem sie als Identifikationsorte der Kommunen zu multifunktionalen, resilienten und kooperativen Orten (weiter-)entwickelt werden. Dabei sollen monofunktionale Strukturen und Stadträume überwunden, Zentren belebt, neue Akteurskooperationen aufgebaut, Stadträume aufgewertet sowie die Resilienz und Krisenbewältigung gefördert werden. Insgesamt stehen 250 Millionen Euro für die Programmbegleitung und die Vorhaben von ca. 220 Kommunen bis 2025 zur Verfügung.
Im Fokus des Bundesprogramms steht die Initiierung und Umsetzung konkreter nicht-investiver und investiver Maßnahmen in den Kommunen. Studien und Konzepte sollen die strategische Neuausrichtung konzeptionell begleiten, die Unterstützung von Kooperationen neue Formen der Zusammenarbeit und Beteiligung möglich machen, Zwischennutzungen in temporär angemieteten oder erworbenen Räumen neue Nutzungen in die Innenstädte bringen und mit baulich-investiven Maßnahmen erste sichtbare Veränderungen aufzeigen.
Erste Erkenntnisse aus den Programmkommunen
Anhand der bisherigen Erfahrungen der Programmkommunen lassen sich bereits erste Ansätze für eine erfolgreiche Innenstadt- und Zentrenentwicklung ableiten:
- Konzeptionelle Maßnahmen wie ein integriertes Innenstadtentwicklungskonzept stellen eine wichtige strategische Grundlage für die Innenstadtentwicklung dar und dienen als zentrale Richtschnur für den weiteren Transformationsprozess. Es braucht eine gemeinsame handlungsleitende Vision für die Innenstädte.
- Die Verwaltung ist zentraler Partner für die Aktivierung von Innenstadtakteuren und Schaffung breit angelegter Akteurskooperationen. Idealerweise erfolgt der Austausch mit den Innenstadtakteuren über verschiedene zielgruppenspezifische Dialogformate, die durch eine zentral eingerichtete Institution langfristig koordiniert werden.
- Die Kommunalverwaltung sollte von einem (externen) Innenstadt-/Zentrenmanagement unterstützt werden. Dieses ist für die zentrale Koordination der Innenstadtaktivitäten zuständig, übernimmt eine wichtige Schnittstellenfunktion zwischen Verwaltung und Innenstadtakteuren und ist als „Kümmerer“ vor Ort tätig.
- Innerstädtische und räumlich zentral gelegene Anlaufstellen bieten die Möglichkeit, niedrigschwellig verwaltungstechnische Angelegenheiten und Themen von stadtentwicklungspolitischer Bedeutung den Bürgerinnen und Bürgern näher zu bringen. Sie können zudem eine größere Sichtbarkeit für Aktivitäten im Handlungsraum Innenstadt schaffen und den Austausch zwischen relevanten Akteuren unterstützen, indem sie einen räumlichen Rahmen und „Ankerpunkt“ bieten.
- Initiativen der Stadtgesellschaft sollten unterstützt und Projektideen ermöglicht werden. Ein Verfügungsfonds stellt dafür ein geeignetes Instrument dar.
- Die Umsetzung von Leuchtturmprojekten zur Innenstadtstärkung unterstützt die Aktivierung der Stadtgesellschaft, indem sichtbare Impulse mit Strahlkraft in den Handlungsraum gesetzt werden. Dadurch können weitere lokale Initiativen ausgelöst und innenstadtrelevante Themen bekannter gemacht werden.
- Durch eine vorübergehende Anmietung von leerstehenden Räumlichkeiten (insbesondere Ladenlokalen) können neue Nutzungskonzepte umgesetzt und neue Nutzungen (z. B. Pop-up-Stores, Start-Ups, Kultur- und Bildungsangebote) erprobt und in der Startphase unterstützt werden. Solch temporäre Lösungen ermöglichen es auch, neue Allianzen zu schaffen und auf ihre Tragfähigkeit zu überprüfen sowie Veränderungsprozesse anzuschieben, indem Experimentierräume bereitgestellt werden.
- Wichtig ist es, die (Innen)Stadtgesellschaft und -akteure partizipativ und kommunikativ mitzunehmen und aktiv in Transformationsprozesse einzubeziehen. Eine hohe Reichweite kann mit digitalen Medien erreicht werden. Über Direktansprachen kann erfolgreich zur Mitwirkung motiviert werden.
- Die Schaffung von authentischen, attraktiven und konsumfreien Orten im öffentlichen Raum kann analoge Begegnungen der Stadtgesellschaft in der Innenstadt ermöglichen.
Es wird deutlich: eine erfolgreiche Innenstadtentwicklung ist eine Daueraufgabe. Dafür bedarf es eines integrierten Ansatzes, um den vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden. Das betrifft die ämterübergreifende Zusammenarbeit ebenso wie die Einbindung unterschiedlicher Akteure der Stadtgesellschaft.