Christian Huttenloher, Generalsekretär des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V.
Am 11. Mai 2019 wird der alljährliche Tag der Städtebauförderung begangen. Dies sollte gerade auch der Immobilienwirtschaft ein Anlass sein, die enormen Verdienste der Städtebauförderung für die Entwicklung, Gestaltung und Stabilisierung von attraktiven und lebenswerten Standorten und Quartieren zu würdigen. Denn seit ihrer Einführung im Jahr 1971 begünstigen und sichern die baulichen und sozialen Maßnahmen immobilienwirtschaftliche Investitionen und stärken Standorte. Die Städtebauförderung unterstützt die Bewältigung des strukturellen und gesellschaftlichen Wandels in Metropolen und Großstädten und stärkt gleichzeitig Klein- und Mittelstädte in ihren Anker- und Versorgungsfunktionen für ländliche und strukturschwache Räume.
Umfassende Reform und Weiterentwicklung des Förderrahmens
In diesem Jahr ist der Tag der Städtebauförderung von besonderer Bedeutung. Denn der Förderrahmen wird gerade umfassend thematisch, rechtlich und strukturell reformiert. Analog zu den wirtschaftsstrukturellen, gesellschaftlichen und städtebaulichen Rahmenbedingungen und Aufgabenstellungen hat sich die Programmatik stetig weiterentwickelt und den jeweiligen Situationen vor Ort angepasst. Nun erfolgt erneut eine grundlegende Reform. Bis Ende 2019 müssen die Grundvereinbarung und der gesamtdeutsche Verteilungsschlüssel sowie eine neue thematische Akzentuierung zwischen Bund und Ländern neu verhandelt werden. Zentraler Anlass ist das Auslaufen des Solidarpakts II am 31. Dezember 2019. Ebenso müssen die Bundesmittel seit der Föderalismusreform 2006 laut Grundgesetz generell degressiv gestaffelt und zeitlich für spezifische Sonderbedarfe befristet werden, wodurch regelmäßige thematische Neuakzentuierungen notwendig sind.
Straffung der Programme sorgt für mehr Klarheit
Über die Jahrzehnte hat sich die Städtebauförderung immer weiter in spezifische Teilprogramme aufgefächert, so etwa zu Denkmalschutz, Stadtumbau oder Stadtgrün. Vor diesem Hintergrund wäre eine Reduzierung auf wenige Kernprogramme samt einer Integration der Sonderprogramme zu begrüßen. Die Neugestaltung der Programmatik bewegt sich in einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite steht die verfassungsrechtlich und politisch notwendige thematische, zeitliche und gebietsbezogene Spezifizierung und Fokussierung. Andererseits besteht die Notwendigkeit einer ganzheitlichen, integrierten und flexiblen Herangehensweise an lokale städtebauliche Aufgabenstellungen.
Die Programmstruktur sollte sich von sektoralen Förderschienen entfernen und sich erneut stärker auf die integrierte Bearbeitung städtebaulicher Themenfelder konzentrieren. Hierfür könnte man zwei Kernprogramme schaffen, die einerseits baulich-funktionale und andererseits sozioökonomische Handlungsschwerpunkte in den Mittelpunkt stellen. Denkbar ist auch, dass die Unterteilung anhand von aktuellen Herausforderungen erfolgt: Attraktive und funktionsgemischte Innenstädte und Zentren, die soziale Stabilisierung benachteiligter Nachbarschaften sowie die Anpassung und Erweiterung der baulichen Struktur an immer rasantere wirtschaftsstrukturelle, demographische und ökologische Veränderungen. Ergänzend muss die verbindliche interkommunale Kooperation in allen Programmen gestärkt werden.
Im Rahmen der Neustrukturierung sollten einzelne Querschnittsthemen mehr Beachtung finden. Hierzu zählen unter anderem die Qualifizierung von Grün- und Freiräumen, Klimaschutz und energetische Modernisierung sowie die Anpassung an die Klimafolgen. Weiterhin sind dies eine nachhaltige städtische Mobilität, die Digitalisierung und der Ausbau digitaler Infrastrukturen, der demographische Wandel sowie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Für letzteres kann die Brachflächenaktivierung und -entwicklung ein wichtiger Baustein sein. Dazu sollten die Fördermöglichkeiten in den Programmen ausgeweitet werden. Die konsolidierte Programmstruktur sollte zudem durch eine gezielte Unterstützung innovativer Ansätze ergänzt werden, zum Beispiel durch zeitlich begrenzte „Experimentierprogramme“, die sich jeweils aktuellen Themen widmen, die von der regulären Förderkulisse nicht ausreichend abgedeckt sind.
Integrierte Managementansätze stärken
Die Städtebauförderung ist bereits heute ein wesentliches Instrument aktiver und integrierter Stadt- und Raumentwicklung. Die Lösung sektoraler Problemsituationen steht bei ihr nicht im Mittelpunkt. Deshalb muss die sektor- und ressortübergreifende Zusammenarbeit verstärkt werden. Gleichzeitig gilt es, bisher parallellaufende Förderschienen zu verschränken, wie etwa die EU-Förderung, Programme für Bildung und Soziales oder die Wohnraumförderung. Die Funktion integrierter Stadt- und Quartiersentwicklungskonzepte als Bündelungs- und Steuerungsinstrument gilt es weiter zu stärken.
Gleichzeitig gilt es, die Einbindung externer Akteure und der Bevölkerung vor Ort weiter auszubauen. So beispielweise über die Förderung von Modellprojekten zur Aktivierung und Einbeziehung von bürgerschaftlichen Initiativen, Wohlfahrtsorganisationen und Immobilieneigentümern. Dazu ist eine echte Mitwirkung und damit auch die Förderung Dritter notwendig. Gleichzeitig müssen die Mittel privater Akteure als Ko-Finanzierung gerade für finanzschwache Gemeinden anerkannt werden. Hierfür gilt es, gebietsbezogene Managementansätze mit leistungsfähigen „Quartiers-Kümmerern“ weiter auszubauen und den bisherigen Fokus auf investive Maßnahmen etwas auszugleichen.
Der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. hat zwischen Oktober 2018 und Sommer 2019 Jahr einen Dialogprozess zur Neugestaltung der Städtebauförderung für das Bundesministerium des Inneren, für Bauen und Heimat organisiert. Zudem hat er 2018 ein verbändeübergreifendes Positionspapier zur Gestaltung der Städtebauförderung veröffentlicht.
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