Wohngipfel sendet positives Signal für eine gestärkte Wohnungsbaupolitik

von Dr. Jürgen Heyer, Präsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.

Mit dem Wohngipfel am 21. September 2018 in Berlin bekräftigte die Bundesregierung die Bedeutung der Wohnungspolitik: Wohnraum sei die „zentrale soziale Frage“ unserer Zeit. Das verabschiedete Ergebnispapier präsentiert einen austarierten Mix an altbekannten wohnungspolitischen Instrumenten, ähnlich dem Koalitionsvertrag. Im Vergleich zu diesem werden für einige Maßnahmen konkretere Details genannt. Dennoch war der Gipfel in gewisser Hinsicht einzigartig: Bund, Länder und Kommunen haben sich auf eine Übereinkunft zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum festgelegt. Das ist bemerkenswert, bedenkt man, dass um den „richtigen“ Weg zu einer angemessenen Wohnungsversorgung sehr kontrovers diskutiert wird: Brauchen wir ein schärferes Mietrecht um bezahlbaren Wohnraum zu erhalten? Oder gilt es vielmehr, Genehmigungen zu beschleunigen und zu vereinfachen sowie Standards und Normen abzubauen, um schneller mehr und preiswertere Wohnungen zu bauen? Muss die soziale Wohnraumförderung aufgestockt oder das Wohngeld stärker dynamisiert werden? Muss mehr Bauland schneller ausgewiesen werden oder muss die Bodenpolitik sozial gerechter gestaltet werden? Diese Fragen müssen nach wie vor ausdiskutiert werden. Allerdings haben die Bundesregierung, die Ministerpräsidenten der Bundesländer sowie die Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände mit ihrem verbindlichen Ergebnispapier des Gipfels ein positives Signal gesetzt und zeigen damit, dass sie trotz Differenzen an einem gemeinsamen Strang ziehen.

Konkrete Details zu Maßnahmen des Koalitionsvertrages

Einige im Koalitionsvertrag skizzierte Vorhaben wurden deutlich konkretisiert: Das Baukindergeld ist angelaufen und das Kabinett hat kurz vor dem Gipfel das Mieterschutzgesetz und die Sonderabschreibungen verabschiedet. Die für vier Jahre um fünf Prozent erhöhte Afa soll auf kostengünstige Neubauvorhaben mit Herstellungskosten von maximal 3.000 Euro pro Quadratmeter beschränkt werden. Von diesen können aber nur 2.000 Euro pro Quadratmeter angesetzt werden. Zudem gilt die De-minimis-Regelung, wonach ein Unternehmen in drei Jahren maximal 200.000 Euro Förderung erhalten darf. Damit soll eine Beschränkung auf preiswerte Mietwohnungen und einer Deckelung der Steuerausfälle auf 500 Millionen Euro erreicht werden. Davon profitieren werden allerdings nur kleinere Immobilienunternehmen und Neubauvorhaben. Nicht nur deshalb findet die Sonder-Afa in der Immobilienwirtschaft kein positives Echo. Die Branche fordert stattdessen schon lange eine Anhebung der linearen Afa auf drei Prozent, um sie an die realen Abnutzungszeiträume anzupassen. Außerdem wird wegen der überhitzen Immobilienmärkte davor gewarnt, dass die erhöhte Afa nur in die Baupreise gehe und verpuffe.

Noch Uneinigkeit zur Rolle des Bundes für die soziale Wohnraumförderung

Viele weitere Maßnahmen des Koalitionsvertrages bleiben allerdings noch vage. So bekräftigten die Teilnehmer des Gipfels zwar die Fortführung der sozialen Wohnraumförderung über 2019 hinaus. Aber über die dazu notwendige Änderung des Grundgesetzes konnten sich Bund und Ländern noch nicht im Detail verständigen, obwohl das Bundeskabinett bereits im Mai seinen Änderungsvorschlag verabschiedet hat. Am 28. September fand dazu im Bundestag die erste Lesung statt, so dass abzuwarten ist, wie sich der Bundesrat nun dazu verhält. Die Länder wollen die Bundesmittel von jährlich einer Milliarde Euro zwar erhalten, aber bislang keine Steuerungs- und Kontrollrechte des Bundes akzeptieren. Mit dem Wohngipfel haben die Länder zumindest bekräftigt, dass sie ihre Programme auf hohem Niveau verstetigen und vor allem für Wohnraum mit langen Bindungen einsetzen wollen. Außerdem erklärten die Länder, dass die Bundesmittel 2020 und 2021 zweckentsprechend eingesetzt werden sollen. Alles in allem sollen mit den insgesamt fünf Milliarden Euro Bundesmitteln von 2018 bis 2021 zusammen mit den Ländermitteln 100.000 zusätzliche Sozialwohnungen entstehen. In den letzten beiden Jahren wurden jährlich etwa 25.000 Sozialwohnungen gebaut; über 60.000 fielen aber auch aus der Bindung.  

Förderung für energetische Sanierung nicht mehr erwähnt

Einzelne Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag wurden gar nicht mehr erwähnt – so die steuerliche Förderung für energetische Sanierungen. Dies dürfte auch daran liegen, dass die Haushaltsspielräume durch die anderen Fördermaßnahmen mittlerweile weitgehend ausgeschöpft sind. Für weitere Fortschritte beim Klimaschutz wäre es aber fatal, wenn dieser wichtige Förderansatz nun abermals auf der Strecke bliebe. Denn es braucht dringend zusätzliche, wirksame Anreize, um Selbstnutzer und Kleinvermieter zu mehr energetischen Modernisierungen zu bewegen, da sie 80 Prozent aller Wohnungen besitzen.

Gute Ansätze, aber Nachbesserungen und Details zur Ausgestaltung notwendig

Die Gesamtbewertung des Wohngipfels fällt damit insgesamt gemischt aus. Angesichts der Tatsache, dass die Bundesregierung erst vor sechs Monate ihre Arbeit aufgenommen hat und dass die Koalitionäre, Bund, Länder und Kommunen teil unterschiedliche Positionen über die richtigen Lösungsansätze haben, wurde bereits einiges geschafft. Für mehr bezahlbaren Wohnungsneubau muss die Bundesregierung nun aber bei vielen Vorhaben noch deutlicher werden und nachbessern. Dies gilt auch für weitergehende Vorschläge, wie schneller mehr Bauland bereitgestellt werden kann. Hierzu wird sich die Baulandkommission, die der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung für das Bundesinnenministerium begleitet, hoffentlich auf weitergehende, konkrete Maßnahmen verständigen können.

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