Wohneigentum jetzt fördern: DV fordert Unterstützung des Bundes für breite Bevölkerungsschichten

von Oda Scheibelhuber, Ministerialdirektorin a.D., Vorsitzende der Arbeitsgruppe !"ifs Wohneigentum" des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.

Selbst immer größere Teile der Mittelschicht können sich heute den Traum von den eigenen vier Wänden nicht mehr erfüllen - und das trotz der historisch günstiger Finanzierungskosten. In besonderem Maße gilt dies für die angespannten Wohnungsmarktregionen mit hohen Immobilienpreisen. Grund dafür ist die zunehmende Eigenkapitalschwäche in Verbindung mit einem erhöhten Eigenkapitalbedarf. Insbesondere Familien mit Kindern sollten deshalb mit einem einmaligen oder auf mehrere Jahre verteilten Investitionszuschuss gefördert werden. Für einkommensbedingte Schwellenhaushalte könnten darüber hinaus langfristig zinsgünstige Nachrangdarlehen eine Alternative bieten. Zu diesem Ergebnis kam das "ifs Institut Wohneigentum" im Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung in seiner letzten Arbeitsgruppen-Sitzung im Oktober 2017. Dabei wurde deutlich, dass der Bund die Wohneigentumsförderung für breite Bevölkerungsschichten dringend wiederbeleben sollte.

Wohneigentum heute für weniger Menschen erschwinglich

Trotz der vielerorts gestiegenen Immobilienpreise könnten heute weit mehr Menschen Wohneigentum finanzieren als noch vor einigen Jahren. Die Raten für Zins und Tilgung sind durch das niedrige Zinsniveau sehr günstig. Allerdings fehlt vielen Haushalten das notwendige Eigenkapital. Zum einen lässt es sich wegen der geringen Zinsen schwerer ansparen. Zum anderen ist wegen der gestiegenen Immobilienpreise und der vielerorts erhöhten Grunderwerbsteuer deutlich mehr Eigenkapital notwendig. Familien und Einzelpersonen mit Durchschnittseinkommen tun sich deshalb vor allem in den Wachstumsregionen schwer. Ohne eine Unterstützung droht die im EU-weiten Vergleich niedrige Eigentumsquote von etwa 45 Prozent nach einem langsamen kontinuierlichen Anstieg in den letzten Jahrzehnten zu stagnieren oder sogar zurückzugehen. Für die Altersgruppe bis 55 Jahren sowie für die 20 Prozent der einkommensschwächsten Haushalte ging sie seit 2010 bereits zurück.

Große Bedeutung für Vermögensplanung und Vorsorge im Alter

Dabei entspricht Wohneigentum nach wie vor dem Wunsch der meisten Menschen - vor allem von Familien mit Kindern. Auch für die Vermögensbildung möglichst breiter Schichten hat das Wohneigentum eine hohe Bedeutung. So haben Wohneigentümer der gleichen Einkommensgruppe im Alter neben ihrer Immobilie auch deutlich mehr Geldvermögen angespart als Mieter: Wer Wohneigentum bildet, lernt Vermögensplanung und Ausgabendisziplin. Dadurch ist Wohneigentum auch für die Alterssicherung unverzichtbar. Zudem trägt Wohneigentum zur Stabilisierung von Stadtquartieren bei. Denn wer dauerhaft im Quartier bleibt, dem liegt dessen Entwicklung besonders am Herzen. Und schließlich entlastet der Bau von Eigentumswohnungen und Eigenheimen über Sickereffekte auch die Mietwohnungsmärkte.

Eigentumsförderung vor allem für Familien notwendig

Vor diesem Hintergrund sollte die neue Bundesregierung sich auf eine wirkungsvolle Wohneigentumspolitik rückbesinnen und eine ins Gewicht fallende Eigentumsförderung auf den Weg bringen. Vor allem junge Familien mit durchschnittlichen Einkommen sollten beim Zugang zu einer günstigen und sicheren Wohneigentumsfinanzierung unterstützt werden. Denn mit Ausnahme der Wohnungsbauprämie und der Arbeitnehmersparzulage, deren Einkommensschwellen und Förderbeträge seit Jahren nicht erhöht wurden, gibt es keine Bundesunterstützung mehr. Und auch die Wohnraumförderung der Länder ist für das selbstgenutzte Wohneigentum rückläufig. Damit setzt im gesamten OECD-Raum kein einziges Land so wenig staatliche Mittel für die Wohneigentumsbildung ein wie Deutschland. Etwaige Befürchtungen, man könnte die Menschen in exorbitante Verschuldungen treiben, entbehren jeder Grundlage. Die Deutschen finanzieren ihr Wohneigentum extrem solide und verantwortungsvoll. Auch die Kreditinstitute finanzieren hierzulande traditionell recht vorsichtig, mit hohen Eigenkapitalanforderungen, einer sicherheitsorientierten Wertermittlung sowie einer fundierten Prüfung der Kreditbelastung.

Fehlendes Eigenkapital mit Investitionszuschüssen ausgleichen

Die zusätzliche Wohneigentumsförderung sollte am derzeitigen Kernproblem ansetzen, nämlich am fehlenden Eigenkapital. Einmalig oder auf mehrere Jahre verteilte Investitionszuschüsse, gegebenenfalls gekoppelt an die Familiensituation, sind die erste Wahl, angesichts der Eigenkapitalschwäche vieler Haushalte, des Zinsniveaus und der Breitenwirkung. Die Bundesregierung sollte diese zügig auf den Weg bringen. Ein Eigenkapitalzuschuss ermöglicht zum einen den (schnelleren) Zugang zu einer günstigen Wohnimmobilienfinanzierung und senkt zum anderen Fremdkapitalkosten und den Tilgungsbeitrag.

Als Variante für einkommensbedingte Schwellenhaushalte mit wenig Eigenkapital, die die monatliche Kreditbelastung dauerhaft tragen können, sollten auch langfristige, zinsgünstige Nachrangdarlehen zum Einsatz kommen. Dies müsste aber zur Gewährleistung einer nachhaltigen soliden Finanzierungskultur mit erhöhten Tilgungsanforderungen (und gegebenenfalls Tilgungszuschüssen) verbunden werden. Auch könnte die Option geprüft werden, wie bei anderen Bundesprogrammen der KfW Darlehens- und Eigenkapitalkomponenten zu kombinieren. So ließe sich ein flexibles Fördermodell nicht nur für die aktuelle Niedrigzinsphase, sondern auch für Zeiten mit höheren Zinsen schaffen.

Einkommensschwellen nicht zu niedrig ansetzen

Entscheidend ist es, dass die Bedingungen der Wohneigentumsförderung so ausgestaltet werden, dass möglichst viele Haushalte von den günstigen Finanzierungskonditionen profitieren können und die Wohneigentumsquote wieder erhöht werden kann. Dazu dürfen insbesondere keine zu niedrigen Einkommensschwellen für die Förderung angesetzt werden. Denn dies würde vor allem in den teuren Wachstumsregionen große Teile der Mittelschicht weiterhin von der Wohneigentumsbildung ausschließen. Und auch eine vielfach angeregte regionale Begrenzung der Förderung auf angespannte Wohnungsmärkte ist mit großer Sorgfalt abzuwägen, würde dies doch einen weiteren Zuzugsfaktor in diese Regionen ergeben und für Regionen mit stagnierender und abnehmender Bevölkerung einen der wenigen verbliebenen Vorteile schwächen.

Außerdem steht die Eigentumsförderung nicht in Konkurrenz zur weiterhin notwendigen Stärkung des Mietwohnungsbaus, sondern garantiert den ausgewogenen Mix von qualitativ hochwertigen Mietwohnungen und selbst genutztem Wohneigentum.

Die Arbeitsgruppe „ifs Wohneigentum“ hat in ihrer letzten Sitzung die aktuellen Rahmenbedingungen und Hemmnisse für die Wohneigentumsbildung sowie verschiedene Fördermodelle diskutiert. Daraus entstand ein fundiertes Positionspapier zur Wiederbelebung der Wohneigentumsförderung durch den Bund. Das Papier enthält konkrete Empfehlungen für die neue Bundesregierung, wie die Wohneigentumsbildung möglichst breiter Schichten künftig gefördert werden sollte.

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