Von Dr. Jürgen Heyer, Präsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.
Seit Jahren steigt der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in vielen Städten stark an: Pro Jahr müssten in Deutschland bis zu 400.000 neue Wohnungen gebaut werden. Der Neubau gestaltet sich in der Praxis oft schwierig. Ausreichend bebaubare Flächen fehlen, sind schwer auszuweisen oder zu mobilisieren. Innerstädtische Grundstücke sind in den meisten Kommunen aufgebraucht, die Entwicklung der verbleibenden kleinteiligen Areale ist schwierig. Hinzu kommen lange Planungs- und Genehmigungsprozesse sowie mangelndes Fachpersonal in den Stadtplanungs- und Bauverwaltungen. Zudem befürchten alteingesessene Bewohner oft negative Auswirkungen auf ihre eigene Wohnqualität. Angesichts dieser Gemengelage sind konstruktive Herangehensweisen gefragt! Viele Kommunen reagieren bereits mit integrierten Bauland- und Wohnungsbaustrategien, lokalen Bündnissen und einem zielgerichteten Instrumentenmix. Damit schaffen sie die Voraussetzungen für mehr Akzeptanz und mehr Wohnungsneubau. Dass mit geeigneten Instrumenten die Akzeptanz gesteigert werden kann, haben die vorgestellten Beispiele auf der Konferenz deutlich aufgezeigt.
Fehlende Akzeptanz in der Nachbarschaft
Angst vor mehr Verkehr, überlasteten Schulen und Kitas, dem Verlust von Freiflächen und einer verbauten Aussicht: Die meisten Menschen sind zwar generell für Neubau – nur eben nicht vor der eigenen Haustür. In manchen Nachbarschaften steht der Bau teurer Wohnungen in der Kritik. Denn davon profitieren nur wohlhabende Zuziehende, während die Anwohner Mietsteigerungen durch die Aufwertung fürchten. In anderen Vierteln hält sich hartnäckig das Vorurteil, geförderter Wohnungsbau sei nur für soziale Randgruppen, ohne städtebauliche Qualität und werte das Quartier ab. Dass zwischen gefördertem und freifinanzierten Wohnungen qualitativ kaum Unterschiede bestehen, wird oft verkannt. Auch viele Investoren sehen die zunehmenden kommunalen Verpflichtungen zum Bau von geförderten Wohnungen kritisch. Umso wichtiger ist es, ausreichend Mittel zu attraktiven Konditionen zum Bau geförderter Wohnungen für breite Bevölkerungsschichten anzubieten. Hier zeigt der Bund-Länder-Beschluss zum Ende der Kompensationsmittel des Bundes für die soziale Wohnraumförderung nach 2019 kaum in die richtige Richtung und sollte bald korrigiert werden.
Nutzungskonflikte innerstädtischer Flächen
Erschwert wird die Suche nach passenden Bauflächen dadurch, dass immer weniger Areale für die Innenentwicklung zur Verfügung stehen. Flächen, die vergleichsweise einfach für den Wohnungsbau mobilisiert werden konnten, sind in den meisten wachsenden Städten aufgebraucht. Die Mobilisierung kleinteiliger Innenentwicklungsflächen ist komplex. Vorgaben zum Brand- oder Lärmschutz müssen beispielsweise bei jeder Fläche neu überprüft und entschieden werden. Defizite bei den bestehenden Planungsinstrumenten verzögern diesen Prozess. In vielen Kommunen wurde die Arbeitsweise bis heute nicht auf die Entwicklung kleinteiliger Bauflächen umgestellt. Ungeachtet der Tatsache, dass sie, um die gleiche Bauleistung zu erhalten wie zusammenhängende Flächen, mit Mehraufwand in der Mobilisierung verbunden sind.
Lösungsstrategien zur Steigerung der Neubauakzeptanz
Dass die Herausforderungen durchaus erfolgreich bewältigt werden können, zeigen viele Kommunen vorbildlich. Was können Kommunen mit ähnlichen Problemen von Ihnen lernen? Wie können sie mit den Herausforderungen umgehen? Es zeigt sich eindeutig, dass wohnungs- und liegenschaftspolitische Gesamtstrategien und kommunale Beschlüsse eine wichtige Grundlage bilden. Die darin festgelegte bodenpolitischen Vorgaben und Verfahren müssen transparent sein und für alle Marktteilnehmer gleich angewendet werden. In vielen Kommunen hat sich auch der Einsatz eines Innenentwicklungsmanagers oder einer Wohnbauleitstelle bewährt. Diese können eine Priorisierung der Flächen vornehmen und damit Projekte beschleunigen. Als überparteilicher Moderator vertritt ein Innenentwicklungsmanager die kommunale Verwaltung gegenüber Wohnungsbauinvestoren, fungiert aber gleichzeitig als Ansprechpartner für alle eingebundenen Akteure. So kann er Konflikten im Vorfeld vorbeugen.
Breit akzeptierte, erfolgreiche Neubauvorhaben zeichnen sind immer durch Transparenz und Nachvollziehbarkeit aus: Gute Begründungen und der enge Dialog mit den Anwohnern sind notwendig, um nicht den Eindruck zu erwecken, die Auswahl bestimmter Neubauflächen oder die städtebauliche und architektonische Gestaltung erfolge willkürlich. Gerade bei größeren Neubauarealen ist die Tendenz klar erkennbar, dass mit einer größeren Vielfalt an Investoren und Wohnformen mit unterschiedlichen Parzellengrößen und attraktivem Städtebau die Akzeptanz steigt: So ist für fast jede Zielgruppe „etwas dabei“. Sowohl die Verfahren zur Baulandentwicklung mit Investoren als auch die Beteiligung der Bürger müssen sich dabei an klaren, nachvollziehbaren Linien orientieren. Deutlich muss auch sein, dass am Ende meist ein Kompromiss stehen wird.
Einen wichtigen Beitrag leisten wohnungspolitische Bündnisse auf kommunaler oder Landesebene: Diese bringen Akteure wie Stadt und Verwaltung, Investoren, Wohnungsunternehmen und Mieterverbände an einen Tisch. Das gemeinsame Ziel ist unstrittig: der Bau von mehr bezahlbaren Wohnungen. Wie das erreicht werden kann, diskutieren die Beteiligten dann gemeinsam im Rahmen des jeweiligen Bündnisses.
Mit der Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sind aktuell sehr viele Städte in Deutschland konfrontiert. Deshalb gilt es, die guten kommunalen Beispiele und Strategien, die bereits erfolgreich angewendet werden, in die Breite zu tragen. Dafür setzt sich der Deutsche Verband gemeinsam mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit mit seiner Veranstaltungsreihe zur Neubauakzeptanz ein. Mit den auf der Konferenz in Köln präsentierten erfolgreichen Fallbeispielen aus der Praxis ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung getan. Der zweite Teil der Konferenzreihe zum Thema „Akzeptanz für Wohnungsneubau“ findet am 10. Juli in Nürnberg statt.
Ihr Ansprechpartner im DV-Team zum Thema Neubauakzeptanz ist Irina Wawilkin:
i.wawilkin@deutscher-verband.org / 030 - 2061 325 53.
Anlaufstellen für ältere Menschen
© 2024 Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V.