von Prof. Elke Pahl-Weber, Vorsitzende der AG Städtebau/Raumordnung des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. (DV)
“Cities have the capability of providing something for everybody, only because, and only when, they are created by everybody.” Dieser Satz von Jane Jacobs aus „The Death and Life of Great American Cities“, 1961, weist darauf hin, dass auch das Ziel lebendiger und attraktiver Nutzungsmischung in den Innenstädten neue Akteurskooperationen im Sinne eines Gemeinschaftswerks braucht.
Für das Transformationsmanagement haben sich in vielen Innenstädten Kooperationen mit Handels- und Gewerbeakteuren, Immobilienwirtschaft und Grundeigentümer als zentrale, leistungsfähige und investierende Fraktion der Akteurslandschaft etabliert - sei es über City- oder Zentrenmanagement oder Stadtmarketing, in einzelnen Städten auch BIDs, mit denen Hamburg seit 20 Jahren große Erfahrung in der öffentlich-privaten Projektumsetzung hat. Eine wichtige Akteurskonstellation für innerstädtische Nutzungsvielfalt, Identität und Lebendigkeit sind öffentliche, private und gemeinnützige Institutionen und Personen aus den Bereichen Kultur, Kreativwirtschaft, Bildung, Zivilgesellschaft. Sie sind bislang vielerorts nicht als Verbund aufgestellt und benötigen einen Rahmen. In Hamburg und anderen Städten wie Offenbach oder Bremen erfolgt mit Unterstützung des Bundesprogramms zukunftsfähige Innenstädte und Zentren (ZIZ) des Bundesbauministeriums der Aufbau einer Akteursplattform, in Hamburg KKWB+ (Kunst, Kultur, Wohnen, Bildung und mehr) genannt, deren Selbstorganisation, die Mitwirkung in Institutionalisierten Gremien der Innenstadtentwicklung sowie die Umsetzung konkreter Projekte. Das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ (ZIZ) des BMWSB hat hier angesetzt und Kommunen auch bei der Entwicklung und Erprobung neuer Akteurskooperationen und Dialogformate mit etablierten und neuen Innenstadtakteuren und Bürger:innen unterstützt.
Innenstadtkoordination (IK) als durchlaufende kommunikative Schnittstelle zwischen Politik, Behörden, Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Kultur
Mit dem Projekt „Verborgene Potenziale – Für ein lebendiges und resilientes Hamburger Zentrum“ wird die Entwicklung der Hamburger Innenstadt im Rahmen des ZIZ-Bundesprogramms weiter vorangetrieben. Das ZIZ-Vorhaben konzentriert sich auf die Stärkung der Akteurskonstellationen in der Hamburger Innenstadt.
Die institutionelle Entscheidungs- und Arbeitsebenen in der Innenstadt sind in Hamburg eng miteinander verzahnt. Das „Bindeglied“ stellt die Innenstadtkoordination (IK) dar, die auf beiden Ebenen vertreten ist: der städtischen Entscheidungsebene mit dem Runden Tisch Innenstadt und einer Lenkungsgruppe Innenstadt sowie der Arbeitsebene mit dem Arbeitskreis Innenstadt und dem VPI Akteursdialog (VPI = „Verborgene Potenziale Innenstadt). Darüber hinaus gibt es weitere Runde Tische und Arbeitskreise anderer Behörden und Institutionen.
Business Improvement Districts (BIDs) und Housing Improvement Districts (HIDs) mit positivem Beitrag zur Innenstadtentwicklung
Seit der Einführung der Business Improvement Districts (BIDs) im Jahr 2005 mit dem Gesetz zur „Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungszentren“ hat sich ein Modell etabliert, das private und öffentliche Akteure zusammenbringt, um bestimmte Geschäftsgebiete aufzuwerten. Der Bereich der Housing Improvement Districts (HIDs), der 2022 durch das Gesetz zur „Stärkung von Standorten durch private Initiativen“ (GSPI) eingeführt wurde, erweitert diese Idee auf Wohngebiete. Diese klar begrenzten Geschäftsgebiete ermöglichen es Eigentümer:innen und Gewerbetreibenden, in Eigenregie Maßnahmen zur Quartiersaufwertung durchzuführen.
Die BIDs stehen als Zusammenschluss Trägerverbund Projekt Innenstadt e.V. in regelmäßigem Austausch mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) über den Arbeitskreis Innenstadt und leisten einen Beitrag zur positiven Entwicklung der Hamburger Innenstadt.
KKWB+ Akteursplattform – Ein gemeinsames Forum für die Hamburger Innenstadt
Im Rahmen des ZIZ-Programms wurde die Akteursplattform KKWB+ für die Hamburger Innenstadt etabliert. Hier kommen Akteure aus unterschiedlichsten Bereichen wie Kunst, Kultur, Wohnen, Bildung, urbaner Produktion und Gastronomie zusammen. Ein zentrales Anliegen dieser Plattform ist es, die Interessen der Akteure nach außen zu vertreten und eine strukturierte Kommunikation sicherzustellen.
Im Oktober 2024 wurde die Notwendigkeit der Bestellung von Sprecherinnen und Sprechern der KKWB+ Runde beschlossen, um die Plattform noch gezielter nach außen hin zu organisieren. Ziel ist es, eine geschlossene und klare Außendarstellung der Akteursgruppen zu gewährleisten und diese auch in die Gremien und Dialogformate der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg einzubinden. Es geht demnach nicht um den Aufbau einer Parallelorganisation zum Trägerverbund, eher um die Ergänzung und inhaltliche Erweiterung.
Breiter Akteursdialog als zentrales Element für Kommunikation und Teilhabe im Rahmen von VPI
Im Bereich der Beteiligung und Kommunikation hat der Akteursdialog im Rahmen des VPI-Vorhabens große Bedeutung. Verschiedene Angebote und Formate wie die IK Geschäftsstelle „Raum zum Stadtfinden“ als offene Anlaufstelle, IK-Gespräche mit Ermöglichern und Multiplikatoren, Fachrunden zu den Themen Kultur und Bildung, Zukunft des Handels, Urbane Produktion, Wohnen, Lieferlogistik, Klimaanpassung mit Expert:innen, Stakeholdern und Behörden sowie die Zukunftsdialoge mit breiter Beteiligung der Öffentlichkeit fördern den Austausch zwischen den unterschiedlichen Akteuren und schaffen eine offene Atmosphäre für neue Ideen und Projekte. Und für alle Akteure ist das Angebot interaktiver Online-Information ein Mittel, den Dialog auf Augenhöhe zu führen. Zudem ermöglicht der Aufbau des Fachportals Innenstadt ermöglicht breiten Informationstransfer.
Sichtbarkeit des VPI-Projektes über ein Rahmenprogramm und Pilotprojekte
Über ein Rahmenprogramm schafft die IK Sichtbarkeit des VPI-Projektes. Angeboten werden Entdecker Spaziergänge zu spannenden Potenzialorten in der Innenstadt, sogenannte „Apéros“ als lockerer Austausch nach Feierabend am letzten Donnerstag des Monats sowie verschiedene Ausstellungen mit Laufzeiten zwischen vier und acht Wochen.
Um mehr Vielfalt zu fördern, neue Möglichkeiten auszuprobieren und den Wandel sichtbar zu machen, konnten in einem offenen Bewerbungsverfahren im Jahr 2024 umsetzungsbezogene Ideen für die Innenstadtentwicklung eingereicht werden. Von 160 Bewerbungen wurden 22 Pilotprojekte ausgewählt, die mit bis zu 50.000 Euro gefördert werden.
Erkenntnisse aus der Innenstadtkoordination in Hamburg
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die Akteure in der Innenstadtentwicklung eine besonders vielfältige Gruppe bilden. Dazu gehören nicht nur Geschäftsinhaber:innen und Grundeigentümer:innen, sondern auch Akteure aus der Kultur, Bildung, sozialen Initiativen und der urbanen Produktion. Diese Akteure benötigen einen gemeinsamen Rahmen, um ihre Anliegen zu koordinieren und Projekte erfolgreich umzusetzen.
Eine zentrale Erkenntnis ist, dass neue Akteurskooperationen die Unterstützung von der Verwaltung und klare Ansprechpersonen in den verschiedenen Ressorts benötigen. Nur so können die verschiedenen Interessen zusammengebracht und eine effiziente und langfristig erfolgreiche Innenstadtentwicklung sichergestellt werden.
Zudem zeigt sich, dass eine neue Akteurslandschaft Zeit braucht, um sich zu entwickeln. Die ‚neuen‘ Akteure können noch nicht auf einen vergleichbaren Erfahrungsschatz zurückgreifen. „Lernzeit“ und das sehr unterschiedliche Investitionsverhalten, Interessenkonflikte, unterschiedliche Erfahrungshorizonte und Investitionsstrategien brauchen Annäherungszeit, sorgfältige Moderation, vertrauensvolle Austauschformate und Fachdiskurse. Hier hat sich in Hamburg insbesondere der „Raum zum Stadtfinden“ als ein erfolgreicher Ort für den Dialog sowie die dort stattfindenden regelmäßigen Apéros, eine zwanglose Austauschmöglichkeit, als erfolgreich erwiesen. Diese Räume sind als „neutrale Orte“ unverzichtbar. Hier werden Kooperationen und Perspektiven gehoben, die „verborgene Orte“ zu solchen des Wandels machen können.
Lesen Sie hier mehr zum Bundesprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" (ZIZ)