Fernwärme

Energie- und Wärmewende kann nur kooperativ gelingen

Christian Huttenloher, Generalsekretär des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung & Anna Stratmann, Geschäftsführerin des Bundesverbands DIE STADTENTWICKLER

Damit der Gebäudebestand in Deutschland bis 2045 klimaneutral wird, muss - neben einer Steigerung der Energieeffizienz der Gebäudehülle - die Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Die kommunale Wärmeplanung, die Anfang 2024 eingeführt wurde, ist dafür ein erster Schritt. Sie legt mit der 65-Prozent-Pflicht des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) die notwendigen Grundlagen. Die Kommunen sind danach je nach Gemeindegröße verpflichtet, ihre kommunalen Wärmepläne bis 2026 bzw. 2028 aufzulegen. Eigentlich müssten also die meisten Städte und Gemeinden bereits auf dem Weg sein. Aber, so titelte die FAZ am 10. September 2024: Viele Kommunen sind noch ohne Plan. 83 Prozent geben an, über keine Wärmestrategie zu verfügen, was von den Energieversorgern bestätigt wird. Dies geht aus einer Studie der Universität Leipzig hervor, bei der 600 Kommunen und hundert Energieversorger zum Stand der kommunalen Wärmeplanung befragt wurden. Auftraggeber der Analyse sind der VKU – Verband kommunaler Unternehmen und die kommunalen Spitzenverbände. Die Energie- und Wärmewende im Quartier kann aber nur gelingen, wenn sie von Beginn an umsetzungsorientiert und kooperativ ausgestaltet wird, Akteure einbindet und Akzeptanz für dieses Vorhaben erreicht wird.

Wärmeplanung und integrierte Stadtentwicklung gehören zusammen

Der Schlüssel für eine gelingende kommunale Wärmeplanung ist es, sie in integrierte Stadt- und Quartiersentwicklungsstrategien einzubinden, mit dem Ziel, einen klimagerechten Stadtumbau voranzubringen. Hier ist ein gewaltiger Transformationsprozess erforderlich, der gesteuert, begleitet und ausgestaltet werden muss. Dafür braucht es die Zusammenarbeit aller Beteiligten: von den Kommunen und ihren Energieversorgern über die Immobilien- und Wohnungswirtschaft bis hin zu allen Einzeleigentümer:innen.

Umsetzung gefragt: Nicht bei der Planung stehenbleiben

Eine kommunale Wärmeplanung wird aber auch nach ihrer Verabschiedung ein unverbindliches, strategisches Planungsdokument bleiben und gewährleistet nicht die tatsächliche Umsetzung. Letztere erfordert in zahlreichen Gebieten Konzepte für den tatsächlichen Umbau der Wärmeversorgung. Damit einhergehen muss die energetische Ertüchtigung der Gebäudebestände. Dies muss auf der lokalen oder regionalen Ebene entwickelt, diskutiert und politisch beschlossen und vor allem im Zusammenwirken von Kommunen, Energieversorgern und -dienstleistern, Wohnungsunternehmen und privaten Eigentümer:innen mit entsprechenden Investitionen realisiert werden.

Herausforderung für baukulturelles Erbe und Altbauquartiere

Eine besondere Herausforderung stellen die historischen Innenstädte dar, die in den letzten Jahrzehnten vielfach mit großem Aufwand erhalten und erneuert wurden. Wenn dieses baukulturelle Erbe erhalten werden soll, kann die Klimaneutralität dort nur über Wärmeversorgung erreicht werden. Dies trifft Städte und Wohnungsunternehmen gleichermaßen. Aber auch dichte Altbauquartiere mit einem heterogenen, kaum sanierten Mehrfamilienhausbestand sind sehr herausfordernd. Zumal, wenn keine Optionen für Fernwärmeanschlüsse bestehen und es für gebäudeindividuelle Wärmpumpen kein Platz in dichten Altbauvierteln gibt.

Frühzeitige Abstimmung aller Beteiligten nötig

Die Transformation zu klimaneutralen Quartieren braucht eine klare Umsetzungsorientierung und muss als iterativer Transformationsprozess gesteuert, begleitet und moderiert werden. Essenziell ist der frühzeitige Dialog mit den Akteuren der kommunalen Wärmeplanung, am besten bereits in der Planungsphase. Dies sind neben den Kommunen die Energieversorger und deren „Ankerkunden“, also Wohnungsunternehmen und Immobilienwirtschaft. Weiterhin zählen dazu die örtliche Wirtschaft, die Bürgerschaft, sowie private Eigentümer:innen und Mieter:innen.

Transparenz und Verlässlichkeit entscheidend

Für die Ankerkunden ist Transparenz essenziell. Entscheidungen und Investitionen der Kommunen, Energieversorger und Wohnungsunternehmen müssen dafür frühzeitig in Einklang gebracht werden. So gilt es etwa, den Fernwärmeausbauplan mit dem Klimapfad bzw. Modernisierungsfahrplan der Wohnungsunternehmen aufeinander abzustimmen. Unternehmen brauchen verlässliche Informationen, wo künftig mit Fernwärme zu rechnen ist. Sie können aber auch den Energieversorgern Hinweise geben, wo diese noch Ankerkunden für einen möglichen Ausbau finden können. Aber auch private Gebäudeeigentümer:innen brauchen verlässliche Optionen für die künftige Wärmeversorgung, da sonst die Verunsicherung über den „richtigen“ Heizungstausch wächst.

Eigentümer:innen beraten und begleiten

Um den heterogenen Gebäudebestand hin zu mehr Klimaschutz und Klimaanpassung überhaupt erfolgreich anpacken und die Eigentümer:innen zu den notwendigen Investitionen motivieren zu können, braucht es Kümmerer und Steuer:innen. Der Schlüssel für mehr Akzeptanz im Bereich der Wärmewende sind die Information, Beratung und die Mobilisierung von Gebäudeeigentümer:innen zur geeigneten künftigen Heizung und zur sinnvollen energetischen Ertüchtigung der Gebäudehülle, die damit einhergehen sollte.

Unverzichtbar: Das Programm „Energetische Stadtsanierung“

Für all dies bildet das KfW-Programm 432 „Energetische Stadtsanierung“ eine wichtige Grundlage: Der Konzeptbaustein des Programms ermöglicht eine räumlich präzise Vorbereitung von Umsetzungslösungen. Das Sanierungsmanagement koordiniert diese Umsetzung und treibt sie voran, vor allem durch die Kommunikation und Mobilisierung in Richtung Eigentümer:innen. Dies geschieht im Zusammenwirken mit Energieversorgern und -dienstleistern, der Kommune sowie weiteren Einrichtungen und Unternehmen. Um in den Städten und Gemeinden die Umsetzungslücke zu schließen und die Akzeptanz zu erhöhen, benötigen die Kommunen weiterhin die Unterstützung durch die „Energetische Stadtsanierung“. Das KfW-Programm sollte daher dringend wieder mit Mitteln ausgestattet werden, damit sein enormer finanzieller Hebel genutzt werden kann. Die Klima- und Wärmewende wird nur durch einen gemeinsamen Kraftakt vieler Akteure vor Ort gelingen. Diesen Prozess zu initiieren und zu organisieren, ist Kern des KfW-Programm 432 „Energetische Stadtsanierung“.

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