ifs Wohnungspolitisches Forum

Integrierte Wohnungspolitik heißt auch Wohneigentumspolitik

von Oda Scheibelhuber, Staatssekretärin a. D. und Vorsitzende des ifs Institut Wohneigentum im DV

Berlin, 26. November 2024. Damit auch Menschen mit mittleren Einkommen wieder Wohneigentum bilden können, brauchen wir Instrumente der Wohneigentumsförderung, die das Thema wirkungsvoll angehen und in ihren Anforderungen die Leistungsfähigkeit der gesellschaftlichen Mitte zum Maß nehmen. Denn die Stärkung des Wohneigentums für Selbstnutzer ist keine Klientelpolitik, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil einer integrierten Wohnungspolitik. Damit kann privates Kapital der Bürger für den Wohnungsbau mobilisiert, die Vermögensgerechtigkeit erhöht und die private Altersvorsorge gestärkt sowie gleichzeitig der Gebäudebestand energetisch modernisiert werden. Es freut mich, dass in politisch volatilen Zeiten vom ifs Wohnungspolitischen Forum am 12. November 2024 ein klares Signal zur Stärkung des Wohneigentums ausgegangen ist.

Wohneigentum – mehr als der Traum von den eigenen vier Wänden

Der Einstieg ins Wohneigentum repräsentiert hierzulande den individuellen Wunsch einer Mehrheit der Menschen – gerade in der jüngeren Generation. Gleichzeitig hat er aber auch gesamtgesellschaftlich eine hohe Bedeutung, etwa im Hinblick auf die private Altersvorsorge oder die gesellschaftliche Vermögensverteilung. Die ausgeprägte Vermögensungleichheit in Deutschland liegt wesentlich in der sehr niedrigen Wohneigentumsquote begründet. Darüber hinaus bestehen enge Wechselbeziehungen zwischen Miet- und Eigentumsmärkten. Wenn Privatpersonen selbst bauen, ein Haus oder eine neu gebaute Eigentumswohnung kaufen, schaffen sie dadurch neuen Wohnraum, was sich durch Umzugsketten positiv auf die Verfügbarkeit von bezahlbaren Mietwohnungen auswirkt. So gelingt es, den Druck aus den vielerorts angespannten Mietwohnungsmärkten zu nehmen, und den Staat bei seinen Wohnungsbauzielen zu entlasten.

Doch klar ist auch: Für Teile der Bevölkerung mit sehr niedrigen Haushaltseinkommen wird Wohneigentum auch unter Idealbedingungen keine machbare Option sein. Für diese Menschen braucht es den bezahlbaren Wohnraum zur Miete. Das Problem in der aktuellen Lage besteht darin, dass Menschen bis in die gehobene Mittelschicht hinein in die Mietwohnungsmärkte drängen und die dortigen Verteilungskämpfe um Wohnraum verschärfen. Es gilt also, die gesellschaftliche Mitte wieder in die Lage zu versetzen, Wohneigentum zu bilden.

Grunderwerbsteuer senken – Eigentümerwechsel erleichtern – den Gebäudebestand stärken

Jenseits angespannter Wohnungsmärkte ist die Wohneigentumsbildung im Hinblick auf eine nachhaltige Nutzung und energetische Sanierung des Gebäudebestands von hoher Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass die Förderung des Wohneigentums in der strategischen Ausrichtung der Wohnungspolitik in den vergangenen Jahren nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden hat. Dies offenbart sich vor allem bei der Grunderwerbsteuer, welche mittlerweile in allen Bundesländern (außer Bayern) bei mindestens 5 Prozent liegt, in einigen Ländern sogar bei 6,5 Prozent. Die sehr hohe Grunderwerbsteuer schafft eine schwer zu überwindende Barriere beim Einstieg ins Wohneigentum und trägt zu einer Erstarrung des Marktes für Wohnimmobilien bei. Leider ist auch die nun beendete Ampel-Koalition – wie schon die Vorgängerregierungen – bei einer Einigung mit den Ländern zu einer Senkung der Grunderwerbsteuer zumindest für den Ersterwerb nicht vorangekommen. Es ist unverständlich, dass nicht wenigstens eine Länderöffnungsklausel eingeführt werden kann, mit der Bundesländer den Ersterwerb von der Grunderwerbsteuer freistellen oder einen verringerten Satz ansetzen. Modelle dafür gibt es in unseren europäischen Nachbarländern viele, sei es über eine Staffelung der Sätze je nach Immobilienwert oder einen Freibetrag bis zu einer gewissen Größenordnung.    

Überambitionen bei den energetischen Standards abbauen, um Wirkungen in der Breite zu erzielen

Entscheidend wird sein, dass wir die Überambitionen bei den Energiestandards in Verbindung mit der Wohneigentumsförderung auf ein nachhaltiges Maß zurückschrauben, gerade beim Bestandserwerb. Denn die Einforderung übergesetzlicher Effizienzhausniveaus verhindert sowohl mehr Bestandserwerb als auch eine Dynamik bei der energetischen Sanierung. Nach dem Auslaufen des Baukindergeldes fördert der Bund unter dem Motto „Wohneigentum für Familien“ seit Mitte 2023 durch zinsverbilligte Darlehen die Eigentumsbildung im Neubau und seit September 2024 auch die Eigentumsbildung im Bestand („Jung kauft Alt“). Im Vergleich zum Baukindergeld bleibt der quantitative Effekt der beiden Bundesprogramme jedoch bislang überschaubar.

Da die Förderung über zinsverbilligte Darlehen erfolgt, stellen die Bundesprogramme keine Erleichterung bei der Eigenkapitalbildung dar, welche gerade für jüngere Haushalte ein Hindernis bei der Eigentumsbildung ist. Als wesentliche Hürde für die Eigentumsbildung von Menschen mit kleineren und mittleren Haushaltseinkommen stellen sich jedoch die mit der Förderung einhergehenden übergesetzlichen energetischen Standards eines Effizienzhauses dar, selbst wenn dafür weitere zinsverbilligte Darlehen und Zuschüsse von der KfW zur Verfügung stehen. Sowohl für die Eigentumsbildung als auch für den Klimaschutz wäre insgesamt mehr gewonnen, wenn die Anforderungen der Förderung auf ein für breitere Einkommensgruppen mach- und finanzierbares Maß gesetzt würden und Effekte in der Breite erzielt werden könnten. Die Eigentumsprogramme der Länder, die Mittel der Sozialen Wohnraumförderung mit landeseigener Förderung kombinieren, sind diesbezüglich mitunter deutlich attraktiver ausgestaltet. Sie richten sich allerdings weit stärker an Schwellenhaushalte und nicht an die Mitte der Gesellschaft, womit ihre quantitativen Wirkungen begrenzt sind.

Das Wohneigentum auch zukünftig im Fokus behalten

Aller Voraussicht nach wird Deutschland im Februar 2025 einen neuen Bundestag wählen. Für eine nächste Bundesregierung bleibt zu hoffen, dass diese die Förderung des Wohneigentums für die Mitte der Gesellschaft im Blick behalten und die notwendigen Anpassungen der politischen Rahmenbedingungen auf den Weg bringen wird.

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