Erster Schritt zu einer neuen Fördersystematik für energieeffiziente Gebäude

von Werner Spec, Leiter der AG Energie und ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Ludwigsburg

Anfang 2021 hat die Bundesregierung die neue Fördersystematik für die energetische Gebäudesanierung unter dem Dach der „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) auf den Weg gebracht. Bereits seit mehr als einem Jahr wurden die Tilgungszuschüsse und Zuschüsse für umfassende energetische Gesamtmodernisierungen und Einzelmaßnahmen deutlich erhöht – teils sogar mehr als verdoppelt. Mit der Bundesförderung werden die Programme nun gebündelt, sind für weitere Eigentümergruppen verfügbar und können flexibler ausgestaltet werden. Durch die Verbesserung der Förderanreize ist das Interesse an der energetischen Modernisierung im vergangenen Jahr trotz (oder wegen?) Corona bereits erheblich angestiegen. Diese positiven Entwicklungen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir alleine durch Klimaschutzmaßnahmen an einzelnen Gebäuden die Klimaschutzziele nicht erreichen werden. Entscheidend für ein Optimum aus Wärmeschutz und CO2-freier Energieversorgung sind vielmehr integrierte Quartierslösungen.

Deutlich höhere Zuschüsse

Für die Sanierung auf den Neubaustandard („KfW Effizienzhaus 100“) gibt es mittlerweile 27,5 Prozent Tilgungszuschuss für eine maximale Investitionssumme von 120 000 Euro – also maximal 33 000 Euro. Saniert man mit besonders nachhaltigen Baustoffen oder können mindestens 55 Prozent der benötigten Restenergie erneuerbar bereitgestellt werden, dann erhöht sich der Zuschuss um weitere fünf Prozent. Bis Ende 2019 gab es lediglich 15 Prozent Zuschuss auf 100.00 Euro Gesamtinvestitionskosten, also 15.000 Euro. Für Einzelmaßnahmen wurde der Zuschuss einheitlich um 20 Prozent erhöht. Gleichzeitig können Selbstnutzer alternativ energetische Modernisierungen steuerlich besser abschreiben – mit 20 Prozent der Investitionskosten über drei Jahre bis zu einem Maximalbetrag von 40 000 Euro.

Bündelung und Flexibilisierung der Förderprogramme

Mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude können Programme nun noch besser gebündelt und Anträge leichter gestellt werden. Vor allem aber ermöglicht die BEG allen Gebäudeeigentümern, also Wohnungsunternehmen, privaten Kleinvermietern und Selbstnutzern, die Wahl zwischen Förderdarlehen und direkten Zuschüssen. Dies gilt sowohl für Einzelmaßnahmen, als auch umfassende Gesamtmodernisierungen auf KfW-Effizienzhausstandard. Bisher waren Unternehmen und Privatvermieter von Zuschüssen für Einzelmaßnahmen ausgeschlossen. Ab Mitte des Jahres 2021 soll die Bundesanstalt für Ausfuhrkontrolle alle Zuschussvarianten verwalten, die KfW die Förderkredite vergeben. In der Übergangsphase wird es dabei sicherlich Reibungsverluste und Schwierigkeiten geben. Aber es bleibt zu hoffen, dass die Förderung für die Endnutzer insgesamt übersichtlicher, einfacher und transparenter wird.

Vorteile für Selbstnutzer, Mieter und Vermieter

Sowohl Energieberater, als auch die KfW-Bank und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle berichten, dass die genannten Maßnahmen die energetische Sanierung erkennbar angekurbelt haben. So hat sich das Volumen der Zuschuss- und Kreditzusagen erheblich erhöht; die Informations- und Beratungsnachfrage stieg ebenfalls an. Dies zeigt, dass die Förderung der energetischen Gebäudesanierung auf dem richtigen Weg ist und einen besseren Umgang mit der Finanzierungs- und Wirtschaftlichkeitslücke für umfassende Modernisierungen gefunden hat. Dies ist sowohl im Sinne der Selbstnutzer als auch der Vermieter und Mieter. Bislang wurden energetische Modernisierungen meist durch Mieterhöhungen refinanziert, was zu abnehmender Akzeptanz bei den Mietern führte.

Maßnahmen am Einzelgebäude reichen nicht aus

Dennoch: Alleine durch hochambitionierte Klimaschutzmaßnahmen an einzelnen Gebäuden werden wir die Klimaschutzziele nicht erreichen. Zusätzlich brauchen wir weit mehr integrierte, sektorenübergreifende Lösungen, die in einem räumlichen Zusammenhang stehen, wie es etwa in Stadtquartieren der Fall ist. Dies ist deshalb wichtig, weil sich bei Investitionen in sehr hohe Gebäudeeffizienzstandards das Verhältnis zwischen hohen Investitionskosten und zusätzlich eingesparter Energie im Betrieb zunehmend verschlechtert. Dies ist erst recht der Fall, wenn man bedenkt, dass der tatsächliche Energieverbrauch in gut sanierten Gebäuden meist höher liegt als in der Planung errechnet, weil die Menschen glauben, „Energie sparen“ sei nun nicht mehr unbedingt notwendig, und ihren Verbrauch erhöhen („Rebound-Effekt“). Wenn wir unser wertvolles baukulturelles Erbe erhalten wollen, setzen zudem Architektur und Gestaltung der energetischen Sanierung natürliche Grenzen. Deshalb brauchen wir integrierte Quartierslösungen. Mit ihnen können wir ein bautechnisches, wirtschaftliches und baukulturelles Optimum aus Wärmeschutz und CO2-freier Energieversorgung erreichen. Dafür wurden zwar im Gebäudeenergiegesetz erste Weichen gestellt, diese gehen aber nicht weit genug.

Konsequente Wärmeplanung

Notwendig sind integrierte Quartiersförderansätze und Maßnahmen im Ordnungsrecht, die flexibel und technologieoffen sind. Gerade Nahwärmelösungen könnten so leichter realisieren werden. Angepasst an die Gegebenheiten vor Ort sollten wir dafür alle CO2-freien Energien einbeziehen und perspektivisch auch die Potenziale von grünem Wasserstoff als wichtigem Speicher erneuerbarer Energieüberschüsse nutzen. Zudem brauchen wir eine konsequente kommunale Wärmeplanung sowie eine intensive Information, Beratung und Begleitung von Gebäudeeigentümern bei der energetischen Sanierung. Weiterhin sollten lokale Stellen an klimafreundlichen Wärmenetzen mitwirken. Hierfür brauchen die Kommunen aber ausreichend Kapazitäten, um entsprechende Initiativen und Netzwerke vor Ort aufzubauen und zu betreiben.

Bundesförderung für effiziente Gebäude

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