"Es braucht eine Politik, die aktiviert und fördert ohne zu überfordern!"

Das stellte Bundesfinanzminister Olaf Scholz beim ifs Wohnungspolitischem Forum des DV heraus

Berlin, 26. November 2019. Gemäß dem neuen Klimaschutzprogramm der Bundesregierung soll der Gebäudesektor den Ausstoß von Treibhausgasen von heute 117 Tonnen CO2 auf 72 Millionen Tonnen im Jahr 2030 senken. Dafür ist ein massiver Sanierungsschub notwendig. Diesen erreichen wir nur, indem wir viele Eigentümer mit einer einfachen und in der Breite angelegten Förderung dabei unterstützen, ihre Gebäude energetisch sinnvoll aufzurüsten, meint der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV). Eine Spitzenförderung weniger Gebäude mit sehr ambitionierten Energiestandards und komplizierten Nachweisen reicht alleine nicht aus. Um die privaten Selbstnutzer mitzunehmen, sind zudem eine intensive Beratung und Begleitung vor Ort notwendig. Unter diesen Prämissen gilt es, nach der Verabschiedung des Klimaschutzprogramms die Förder- und Beratungslandschaft des Bundes neu zu gestalten.

„Nur Masse schafft Klasse bei der energetischen Gebäudesanierung selbstnutzender Eigentümer und Kleinvermieter. Sonst werden wir die Klimaschutzziele nicht erreichen“, sagte Michael Groschek, Präsident des DV und Staatsminister a. D. im Rahmen des ifs Wohnungspolitischen Forums am 26. November 2019 in Berlin. „Zielführend ist eine modulare Förderung, anstelle einer „alles oder nichts“-Förderung.“ Nur so lässt sich Breitenwirkung erreichen. Die Quartiersebene spielt dabei eine Schlüsselrolle zur Mobilisierung der Eigentümer.

Finanzminister Olaf Scholz betonte in seiner Rede vor den rund 100 Gästen, dass der Bestand im Einklang mit bezahlbaren Mieten energetisch umgebaut werden müsse. Dafür werden künftig steuerliche Anreize geschaffen, die eingebettet sind in die bestehenden Förderprogramme. Damit die Förderangebote besser greifen, werden sie einfacher gestaltet und  zu einem aufeinander abgestimmten Angebot aus Steuererleichterungen, Zuschüssen und Förderdarlehen zusammengefasst. Die Tilgungszuschüsse des KfW-Gebäudesanierungsprogramms werden um 10 Prozent erhöht. Und auch das KfW-Programm zur energetischen Stadtsanierung soll aufgestockt werden. Denn die energetischen Maßnahmen können über mehrere Gebäude zusammengenommen eine größtmögliche Wirkung für den Klimaschutz bringen. Diese Vorstöße befürwortet der DV ausdrücklich. Scholz begrüßte, dass sich der DV mit seiner akteursübergreifenden Plattform aktiv bei der Ausgestaltung der Förderprogramme einbringt.

Auf dem von Oda Scheibelhuber, Ministerialdirektorin a. D. und Vorsitzende des ifs Institut Wohneigentum im Deutschen Verband, moderierten Gesprächsrunde mit Praktikern von „Altbau Plus“ in Aachen und der Innovation City Ruhr sowie auf dem Podium mit den Sprechern der Bundestagsfraktionen wurden geeignete Aktivierungsstrategien für private Eigentümer intensiv und teilweise auch kontrovers diskutiert. „Wir brauchen eine einfache Förderung, die nah am EnEV-Standard ansetzt, und dazu eine aufsuchende Beratung und Baubegleitung der Eigentümer vor Ort“, so Scheibelhuber. Die Kommunen stehen dabei im Mittelpunkt. Sie sollten alle an der Sanierung Beteiligten koordinieren, wie etwa Energieberater, Bausachverständige, Handwerker oder Stadtwerke – ganz im Sinne einer kommunalen Beratungskette. Gute Erfahrungen lieferten dafür verschiedene Initiativen wie etwa das „Drei Prozent Projekt – energetische Sanierungsfahrpläne für Kommunen“, mit dem der DV in verschiedenen Modellquartieren intensive Mobilisierungsansätze für Privatvermieter, Selbstnutzer und WEGen erprobt. Auch mit der Innovation City Ruhr hat das Land NRW mit der Wirtschaft, der Stadt Bottrop, Beratungsunternehmen und der Ruhrkohle AG ein Reallabor für die Energiewende geschaffen und die Mobilisierung privater Eigentümer zur energetischen Sanierung vorangetrieben. Neben einer intensiven aufsuchenden Beratung und Begleitung war eine Experimentierklausel der Städtebauförderung für den Erfolg entscheidend. Damit konnten Eigentümer unbürokratisch Zuschüsse für Teil- und Vollmodernisierungen erhalten.

In der Debatte mit den Abgeordneten wurde deutlich, dass die Effizienzstandards in der Förderung von Bestandssanierungen gegenwärtig zu starr sind. Entscheidend ist, dass die angesetzten Standards für den Wärmeschutz gebäudespezifischer und individueller angewandt werden. Denn der Gebäudebestand ist extrem heterogen und was bei dem einen Haus gut und kostengünstig funktioniert, kann bei einem anderen Gebäude zu einer Kostenexplosion führen. Dazu braucht es aber eine einfach handhabbare Breitenförderung bei der energetischen Gebäudesanierung. Die Kommunen brauchen für die Mobilisierung der Gebäudeeigentümer über Sanierungsmanagement und Beratungsnetzwerke deutlich mehr finanzielle Unterstützung. Denn diese Aufgabe ist aus dem normalen kommunalen Tagesgeschäft nicht zu stemmen. Der DV wird dazu seine Empfehlungen in die nun stattfindende Feinjustierung der Förderlandschaft einbringen. Dazu hat er die wesentlichen Empfehlungen im Kursbuch Klimaschutz zusammengefasst.

Weitere Informationen:

Bildergalerie zum ifs Wohnungspolitischem Forum 2019

Bildnachweise von links oben nach rechts unten:
© DV / offenblende; Oda Scheibelhuber